Wie in jedem Dezember, so sitze ich auch in diesem Jahr da und versuche einen Rückblick auf das Jahr zu formulieren. Beginnend mit dem politischen Teil, gehe ich gleich das schwierigste und traurigste Kapitel des Jahres an. Vielleicht wird es ja sogar der Rückblick auf einen absurden Wendepunkt in der deutschen Geschichte seit dem Jahr 1945, was jedoch nicht wünschenswert sein kann.
Denn 2014 war das Jahr der endgültigen Wiederkehr des rechtsradikalen Gedankengutes in die breite Masse der deutschen Gesellschaft. Doch nicht nur das, sondern es war auch ein Jahr der Wiederkehr des Denkens in Ideologien: Bist du nicht für mich, so bist du gegen mich… Doch dazu weiter unten.
Warnte ich bereits 2013 vor der AfD und ihren ausländerfeindlichen Tendenzen (siehe Keine Alternative für Deutschland), so fundamentierte sich das dieses Jahr noch. Die AfD wurde zur Wahlalternative der frustrierten Protestwähler, die sich immer seltener verstanden und vertreten fühlen. Doch so einfach ist es auch wieder nicht. Im Gegenteil scheint es eher ein komplexes Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren zu sein:
1. Das Ende der europäischen Idee. Mit der absurden Geld- und Außenpolitik der europäischen Union, stirbt auch die letzte Hoffnung auf ein wirklich vereintes Europa. Jedes Land fährt auf allen Ebenen seinen eigenen Kurs, an den eigenen nationalen Interessen ausgerichtet. Das ist legitim, entspricht jedoch absolut nicht des europäischen Gedankens. Die Geldpolitik trägt ebenfalls zur Enttäuschung bei, denn statt die Ursachen zu bekämpfen, werden sie mit riesigen Geldmengen nur kaschiert, was wohl über kurz oder lang zur Inflation führen wird…
2. Die (gefühlte und überführte) Verlogenheit und freiwillige Gleichschaltung der Medien. Man erinnere nur an manipulierte Berichte in den Nachrichtenmagazinen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zur Ukraine. Oder an gekaufte und gestellte Interviews, wie aktuell in Bezug auf PEGIDA. Damit wird einer gesamtgesellschaftlichen Paranoia Tür und Tor geöffnet.
3. Die einseitige Behandlung des Ukrainekonfliktes. Scheinbar unreflektiert und kritiklos steht die europäische Politik hinter dem aggressiven Kurs der USA. Dadurch stilisierte man Putin zum Helden, zum großen, starken Führer, was der natürlich gern ausnutzt. Ebenfalls vollkommen legitim. Dazu kommt die europäische (einschließlich deutsche) Blindheit für nationalistische und aggressive Strömungen der ukrainischen Regierung, die scheinbar mit allen Mitteln den Konflikt sucht und in die NATO will…
4. Aus nationaler Sicht ist wohl der größte Frustrationsfaktor die scheinbare Einstellung der nationalen Politik seitens der Bundeskanzlerin. Man hat das Gefühl, dass sie sich auf dem status quo ausruht. Bloß nichts ändern. Weder gibt es Innovationen in der Steuerpolitik, noch sinnvolle Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt. Ja, selbst der Mindestlohn ist eigentlich wertlos, ob seiner vielen Ausnahmen. Statt gegen Minijobs vorzugehen, die niemanden in Lohn und Brot bringen, sondern eher die legalisierte Ausbeutung unterstützen, richtet die Bundesregierung lieber den Blick weit weg vom eigenen Land.
All diese Faktoren sind nur ein Ausschnitt aus dem breiten Spektrum an Problemen, die der Treibstoff der AfD darstellen. Sie wurde zum Sammelbecken derer, die eigentlich gern NPD wählen würden, doch Nazis wählt man ja nicht. So findet sich der Mittelstand hier, genau wie die Oberschicht.
Doch es kam in diesem Jahr noch schlimmer, denn die AfD war nur der Anfang der braunen Auferstehung. Es folgten, völlig konsequent und logisch, HOGESA (Hooligans gegen Salafisten) und PEGIDA (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes), denn wo die AfD die Dämme bricht, da schwappt es auch noch weiter nach rechts. Wer also in der Alternative keine Heimat findet, richtet all seinen Frust lieber auf der Straße gegen die, die an all den Problemen am wenigsten Schuld tragen.
Aber werden wir mal ernst: HOGESA war harmlos und nicht weiter erwähnenswert. PEGIDA und deren bucklige Verwandtschaft dagegen schon, denn die wachsenden Demonstrantenzahlen sind beängstigend. PEGIDA tritt an gegen die angebliche Machtübernahme des Islams in Deutschland, welche u.a. durch Flüchtlinge geschieht. Aber natürlich auch durch Ausländer, insbesondere Türken und Araber. PEGIDA tritt an gegen alles Fremde, alles was sie nicht verstehen. Das allein wäre zu verkraften, doch leider sammeln sie auch die restlichen Opfer und Themen aus den oben genannten Frustrationsfaktoren. Von Verteidigern Russlands, über die Friedensbewegung, bis hin zu denen, die sich der Manipulation durch die Medien bewusst werden, strömt alles zu. So sind es eben nicht nur die ewig gestrigen, ungebildeten Rassisten, sondern gut informierte, oft sogar gebildete Skeptiker, deren Paranoia sie (und im Endeffekt auch uns) dahin treibt, wo sie vielleicht gar nicht hin wollen: In einen neuen Faschismus.
Noch ein Wort zur Islamisierung Deutschlands: Es widerspricht jeglichem Sinn für Realität. Auch wenn es mir sehr gefallen würde, aber die Menschen werden nicht in Scharen Muslime. Der Islam wird auch nicht vom Staat gefördert oder unterstützt. Eher im Gegenteil… Selbst der Vogel Pierre, der boxende Schreihals, hat wesentlich weniger Zulauf, als man oft denken kann. Da sind die Medien, die nicht mehr zwischen Muslimen und Islamisten unterscheiden, wesentlich gefährlicher, als alle Salafisten Deutschlands.
Damit will ich die Extremisten nicht verharmlosen, von denen es sicher auch hier einige wenige gibt. Sie sind aber nicht DER ISLAM, sondern nur Extremisten, die sich zufällig dem Islam zugehörig fühlen. Diese finden wir in jeder Religion.
Über PEGIDA wird wohl leider in Zukunft noch einiges geschrieben werden müssen. Doch ich möchte mit etwas angenehmen diesen Artikel schließen: Die Linke hat die Landtagswahl in Thüringen gewonnen, denn sie stellt zusammen mit SPD und Grüne die Regierung und den Ministerpräsidenten. Auch wenn ich seit Januar diesen Jahres (das sei wenigstens am Rand erwähnt) kein Mitglied der Linken mehr bin, habe ich mich darüber sehr gefreut und bin nun gespannt, ob die Absichten verwirklicht werden.
Doch passend zur Radikalisierung der Gesellschaft kam dann auch noch der Protest von CDU, AfD und NPD, die gemeinsam gegen die neue Regierungskoalition von Linke, SPD und Grüne auf die Straße gingen. Mit „Ramelow raus“ und ähnlichen blödsinnigen Parolen formierte sich der peinliche Protest gegen das Wahlergebnis, also eigentlich gegen die Demokratie. Die Verlierer entpuppten sich als schlechte Verlierer, die offen das demokratische System in Frage stellen, indem sie dessen Ergebnisse nicht anerkennen.
Vorerst schließe ich nun diesen kurzen politischen Rückblick, obwohl noch soviel mehr zu schreiben wäre…
Wie immer würde ich über Kritik natürlich freuen. 🙂