Auch wenn dieses Jahr noch neun Tage hat, beginne ich schon langsam mit dem Rückblick. Es ist war ein merkwürdiges Jahr. Allah teallah sei Dank verging es ohne schlimme Ereignisse, auch wenn es viele Augenblicke gab, die emotional sehr schwer zu bewältigen waren. Glücklicherweise überwogen jedoch die schönen Zeiten.
Ende 2009 traten zwei mir sehr wichtige Frauen wieder in mein Leben. Sie wurden zu sehr guten Freundinnen und wir erlebten wunderbare und lustige Momente. Für kurze Zeit wurden sie der weltliche Mittelpunkt meines Lebens, ob es ihnen gut oder schlecht ging. Ich genoß es für sie da zu sein, auch wenn oft meine eigene Kraft zu übersteigen schien. Ihre gesundheitlichen Krisen waren die meinen, wie auch ihre emotionalen Krisen die meinen waren, sei es Migräne oder Liebeskummer.
So ging es bis August, als A. gehen lassen mußte. Meine Kraft war fast erschöpft. Jeder weitere Schritt hätte mich und sie endgültig zerstört, denn ein Halt konnte ich nicht mehr sein. Die Folge war, daß es für mich unumgänglich war diese Freundschaft zu beenden, obwohl es mir so ungeheuer viel schwerer fiel, als ich je zugegeben hätte.
S. kurz darauf ebenfalls (erneut) gehenlassen zu müssen, fiel mir noch schwerer. Die Begründung ist dieselbe, wie bei A., jedoch spielten vollkommen andere Ursachen eine Rolle. Was bleibt ist die Hoffnung, dass sie noch immer weiß, was sie mir bedeutet hat und immer bedeuten wird.
Vielleicht ist es meine Bestimmung dieses weltliche Leben ohne Partnerin zu verbringen. Vielleicht bin ich einfach nicht beziehungsfähig…
Ansonsten kann ich mich über das Jahr eigentlich nicht beklagen. Auch wenn im April ein Studienfachwechsel ins Haus stand, läuft das Studium eigentlich ganz gut, wenn auch derzeit nicht sehr erfüllend. Ich wechselte von der Philosophie zur Förderpädagogik, was ich bis heute nicht bereute. Jedoch kommt so langsam der Wunsch auf, endlich Geld zu verdienen.
Die schönsten und intensivsten Momente dieses Jahres hatte ich jedoch in Castrop-Rauxel, in der Tekke meiner Tarikat. In diesem Jahr durfte ich zwei Mal dort sein. Auch wenn das letzte Mal noch gar nicht so lang her ist, fühlt sich die Sehnsucht an, als wären seitdem zehn Jahre vergangen. Jeder Moment in der Tekke bot eine Art Vorgeschmack auf Akhira, auf das Jenseits. Auch wenn es kitschig klingt, so war tat es doch unbeschreiblich gut sich nur auf das konzentrieren zu können, was wirklich zählt: Allah teallah. Kein Internet, kein Pc, kein Telefon, kein überfordertes Pflegepersonal, keine aggressiven Menschen und kein Stress. Es klingt auch naiv, wenn ich feststelle, daß ich nie so gut schlief, wie in diesen Nächten dort auf dem Fussboden, doch das ist es nicht: Ich fühlte mich dort geborgen, wie am sichersten Platz der Welt. Wie wird es erst nächstes Jahr in der Türkei sein, in Menzil, wo mein geehrter Sheykh Gavs-i sani Abdulbaki Hz. (k.s.) lebt?