Seit ungefähr einer Stunde sitze ich daheim und überlege, wie ich über die Oper von Johanna Doderer denke… Aber irgendwie gelange ich nicht zu einer endgültigen Meinung. Auf der einen Seite bin ich begeistert, auf der anderen jedoch mit jeder Minute mehr enttäuscht.
Zum Libretto brauche ich an dieser Stelle nichts weiter schreiben, sondern verweise lieber auf die Homepage des Theaters.
Sicher kann ich sagen, dass die Musik wunderschön war, wenn auch eher altbacken. Ich hatte moderne Klassik erwartet, die sich schwer erschließen läßt und den Hörer alles abfordert. Doch sie ist leicht, angenehm, eingängig… Die Besetzung ist hervorragend, so daß man an manchen Stellen schon allein durchs hören Gänsehaut bekommt.
Sicher kann ich auch sagen, dass manche Szenen allein durch Bühnenbild und Bühneneffekte beeindrucken. Besonders zu nennen sei an dieser Stelle die erste Szene, in der die Zwei-Klassen-Gesellschaft der USA eindrucksvoll dargestellt wird. Ebenfalls gelungen, wenn auch schockierend, fanden wir die Szene auf dem Schlachtfeld, in der von der Decke langsam Puppen herunter kamen, die den näherkommenden Krieg und die Leichen auf dem Schlachtfeld symbolisierten.
Zu Beginn waren auch all die technischen Effekte sehr gelungen, jedoch uferte es in immer neue, teils überflüssige Effekthaschereien aus. Manche Zusammenhänge muss man einem Theaterbesucher nicht auf fünf Arten in einer Szene klar machen. Wir sollten eigentlich Zusammenhänge auch ohne den berühmten Zaunpfahl verstehen können…
Sehr störend war auch der szenische Aufbau, der krampfhaft versucht die Erzählweise eines Films zu adaptieren. Kurze Szenen, als blendet man kurz vom Hauptschauplatz auf die Nebenschauplätze. Besonders im zweiten Teil des Abends war es sehr störend. Auf Szenen mit 5-6 Minuten kann man als Theatergänger zu Gunsten der Erzähltechnik gern verzichten. So bekam man im zweiten Teil des Abends auch nach und nach das Gefühl, der Regisseur wollte nun endlich dem Theater ein Ende bereiten, während im ersten Teil jede Szene noch detailiert liebevoll ausgearbeitet war.
Problematisch ist auch der Gesang: der Text wehrt sich recht erfolgreich gegen die Musik. Man hat das Gefühl, hier war ein musikalisches Werk und nun musste da schnell ein Libretto her… Die deutsche Sprache erweist sich jedoch als viel zu sperrig für die teils zarte Musik. Vielleicht wurde der Text auch nur vom Autor zu lieblos behandelt, denn an vielen Stellen fragt man sich, ob die Zuschauer für so naiv oder gar dumm gehalten werden, dass man auf niedrigsten Niveau und mit fehlerhafter Metrik formulieren muss…
Im Vergleich zu anderen Inszenierung, wie zum Beispiel „Le Nozze de Figaro“ (in der letzten Saison), war „Am leuchtenden Fluss“ flach und lieblos umgesetzt. Dem Theatergast wird eine seichte und vorgekaute Kost serviert, die den realen Geschehnissen, auf denen die Oper basiert, nur in wenigen Momenten gerecht wird. Häufig fühlte ich mich an den Film „Evita“ erinnert, der ebenfalls nicht unbedingt durch Niveau glänzte…