Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Genossen und Genossinnen,
Dieser Schritt ist sehr schwer für mich, aber zu meinem Wohl, sowie zum Wohle der Partei, muss ich ihn tun. Es war ein langer und schmerzhafter Prozess bis zur Entscheidungsfindung. Doch nun ist sie gefallen: Ich trete hiermit ab sofort von allen innerparteilichen Ämtern zurück und erkläre des weiteren meinen Austritt aus der Partei DIE LINKE.
Im folgenden möchte ich versuchen einige Aspekte zu erläutern, die zu dieser Entscheidung führten. Die Reihenfolge ist beliebig.
a) Meine Gesundheit. Ich bemerke immer häufiger, dass die physische und psychische Belastung zu hoch für mich ist. Studium, Partei und Familie übersteigt meine Kräfte bei weitem, will ich allem gerecht werden. Dies zeigte sich besonders an den gehäuften Erkrankungen der Atemwege innerhalb der vergangenen Monate. Will ich meine Gesundheit nicht endgültig ruinieren, muss ich jetzt die Notbremse ziehen.
b) Ich glitt innerhalb der Partei in ein Amt, was ich nicht mit ganzem Herzen ausfüllen kann. Sprecher der LAG „Selbstbestimmte Behindertenpolitik“ Thüringen wurde ich ob meiner Behinderung, nicht durch meine Qualifikation. Jedoch nur weil ich behindert bin, muss ich nicht automatisch in der Behindertenpolitik aktiv sein wollen. Besonders in einer Partei, die ihre eigenen Ideale zur Inklusion schon wieder vergessen hat, wie es mir scheint. Es fehlt mir die Kraft und die Lust gegen Windmühlen zu kämpfen.
c) Die Partei entwickelt bzw. partizipiert auch an anderen Stellen (an) Ideen und Konzepten, die ich nicht mehr mittragen kann. Als Beispiel sei alles rund um das Konzept „Gender“ genannt. Weder halte ich die Verstümmelung der deutschen Sprache und Literatur für sinnvoll oder erstrebenswert, noch Konzepte, wie die „genderfreie Erziehung“. In meinen Augen ist dies falsch verstandener Feminismus, der weit über sein Ziel hinaus schießt und zu denselben negativen Auswirkungen (mit umgekehrten Vorzeichen) führen wird, denen sich der Feminismus ursprünglich verweigerte.
d) Der Kampf gegen Rechtsradikalismus ist eine der wichtigsten Aufgaben innerhalb der Linken und gehört unbedingt unterstützt. Doch führt er in der Partei auch häufig zu Reaktionen, die selbst nicht weniger intolerant sind, als die der bekämpften Rechten. […] Erwähnen sollte man an dieser Stelle auch die Diskussion um den Begriff „Heimat“, sowie die die Unterstützung der Aufkleberaktion „Keine Nazipost in meinen Briefkasten!“. Letzteres erinnert stark an unmenschliche Parolen der Nazis, wie „Kauft nicht bei Juden“. Diese Dinge kann ich mit meinem Gewissen nicht vertreten.
Damit schließe ich die Liste, die ohne weiteres erweiterbar wäre. So habe ich z. B. die oft ausgrenzende Position der Linken gegenüber Muslimen noch nicht erwähnt. Stichwort Beschneidung, Akzeptanz des Kopftuch oder Schlachtung, um nur einige zu nennen.
Oder die Grabenkämpfe innerhalb der Partei.
Jedoch möchte ich nicht im Bösen scheiden. Ohne die Partei und die vielen großartigen Mitglieder, hätte ich nie so viel erreicht und gelernt.
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