Seit Beginn der „Schlichtung“ zum Bauprojekt des Bahnhofes Stuttgart, verfolge ich selbige über Phoenix. Und seit Beginn frage ich mich, was da eigentlich gerade passiert. Doch ich beginne mal von vorn…
Erst Mal muss man allen Beteiligten ein Kompliment machen: Was sie an Arbeit für diese Schlichtung leisten ist beeindruckend. Allein die Vorarbeiten für jede Sitzung sind eine enorme Arbeit, doch besonders beeindruckend ist der Argumentationsaufwand während der Sitzungen. In jeder Sitzung über 8-11 Stunden konzentriert, ruhig und sachlich zu argumentieren ist extrem anstrengend. Aus meiner früheren politischen Praxis betrachtet, kostet es eine Menge Energie. Ich war damals schon nach drei bis fünf Stunden Stadtratssitzung erschöpft, wobei ich jedoch selten konkret angegriffen wurde, mich also auch nicht permanent verteidigen musste, wie es bei der Schlichtung auf beiden Seiten der Fall ist.
Heiner Geißlers Versuch einer allgemeinverständlichen Aufarbeitung der Fakten und Konzepte sehe ich relativ kritisch. Eine einfache Aufarbeitung führt zu unklaren Begriffen und oft schwammigen Aussagen. So setzt man sich einer späteren Wortklauberei sehr viel wahrscheinlicher aus, als wenn Spezialisten untereinander in anerkannten Fachtermini diskutieren. Man sieht es schon jetzt, dass teilweise stundenlang über Formulierungen gestritten wird, nur um dem „Gegner“ keinen Interpretationsspielraum zu geben.
Nun bin ich gespannt, was am Ende der gesamten Schlichtung herauskommen und inwieweit der Schlichtungsspruch Geißlers von beiden Seiten akzeptiert werden wird. Ich stehe dem eher skeptisch gegenüber, denn bisher gibt kaum Konsens. Als Schlichtungsergebnis erwarte ich, dass von der Bahn kleinere Korrekturen, wie mehr Gleise und eine Neuberechnung der Kosten, verlangt werden wird. Wenn es überhaupt einen derart konkreten Spruch geben wird. Es könnte auch sein, daß Heiner Geißler einfach eine Neuausschreibung der Planung verlangen wird, was jedoch das gesamte Verfahren auf Jahre verlängern würde…
Es wird interessant, wie beide Seiten ihrer jeweiligen Lobby das Ergebnis verkaufen werden. Meiner Meinung nach wird eine endgültige Entscheidung erst vor Gericht und auf der Straße getroffen.