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Existenzspuren

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Bismillah

Heute, am 28.06.2015, steht es fest: Die griechische Regierung wird am 05.07.2015 das griechische Volk darüber entscheiden müssen, ob man das Angebot der europäischen Institutionen annimmt oder ablehnt. Wie die gesamten Verhandlungen, so ist auch diese Volksabstimmung zu diesem Zeitpunkt absurd.

Nehmen wir ein Beispiel: Ein Kind hat bei X eine Summe Y Schulden und soll diese Summe am 30.06 zahlen. Das Kind hat aber kein Geld und entscheidet, dass es am 05.07 seine Eltern fragen wird, ob es bei X einen weiteren Kredit nehmen soll, um den ersten auszulösen. X sagt jedoch, dass er sein Geld will und da er nicht bis zum 05. warten wird, da eh sein Angebot für einen weiteren Kredit nach dem 30.06 nicht mehr gelten wird.

Merkt man den Fehler? Natürlich ist Griechenland kein Kind und das Problem wesentlich komplexer. Doch wie im obigen Beispiel ist die griechischen Geldgeber gleichzeitig die Retter. Das Kind trifft die richtige Entscheidung, doch zu spät und zu unüberlegt. Es hat die Retter verprellt.

Wenn mein Leibarzt zur selben Zeit dem hippokratischen Eid und vielleicht einer ihm angeborenen Mordlust verpflichtet ist, dann habe ich ein Problem. Griechenland soll im Euro gehalten werden. Dazu braucht es Hilfe. Diese Hilfen sind aber kein Geschenk, sondern weitere Kredite, wodurch die Gesamtsumme der Schulden noch weiter steigt. Dadurch werden weitere Hilfen benötigt usw….

In diesem Kreislauf steckt Europa, steckt Griechenland. Er gefährdet nicht nur das Land, nicht nur Europa als Konstrukt, sondern Millionen von Menschen, die sich zu Tode sparen müssen.

Wenn wir ehrlich sind, so steht auch Deutschland nicht viel besser da: Wir überleben durch unsere hohen Exportgewinne, doch eigentlich fressen uns unsere Schulden auch schon lange auf. Ein großer Prozentsatz des deutschen Finanzhaushaltes geht jährlich allein in die Tilgung schon Schuldenzinsen und Schulden. Wir nehmen dazu in jedem Jahr sogar neue Schulden auf, nur um die alten Kredite bezahlen zu können.

Doch ich möchte nicht abschweifen. Schauen wir uns das genauer an, so kann man nur schwer der Griechenland oder Deutschland die alleinige Schuld an der Situation geben. Natürlich wurden Fehler gemacht: in Griechenland ebenso, wie innerhalb der EU. Doch das eigentliche Problem traut sich kaum jemand auszusprechen: Kapitalismus. Das kapitalistische System ist das Problem. Lebt denn dieser nicht geradezu von Schulden? Investitionen, Kredite, Zinsen, Wachstum, mehr Profit… Die Fetische des Kapitalismus, die unsere Politiker (wir aber ebenso) tagtäglich anbeten und uns von ihnen predigen. Frau Merkel, als die europäische Hohepriesterin des Kapitalismus, verhärtete von Beginn ihrer Regierung an die Dogmen. Auch wenn Schäuble, ihr und unser Finanzminister, diese Dogmen für einen Augenblick durchbrach, als Deutschland damals die eigene sog. „Schuldenbremse“ ignorierte.

Durch sie, Kanzlerin Merkel, starb die „Soziale Marktwirtschaft“, die Helmut Kohl wenigstens auf dem Papier noch pries, endgültig. Alle Entscheidungen werden nur noch nach ihrem finanziellen Wert getroffen und beurteilt. So wird Europa auf Dauer entweder weit hinter der Vision zurückbleiben oder zerbrechen.

Der wachsende Nationalismus ist vielleicht das deutlichste Zeichen momentan.

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