Werwolf
Das Wort „Wer“ (lat.vir, virtus) bedeutet tugendhafter, starker, wehrhafter Mann. Der Werwolf ist also ein Wolf, der eigentlich ein Mann ist.
Vergil berichtet, der erste Werwolf sei Moeris, der Gatte der dreifachen Schicksalsgöttin Moire gewesen.
Im klassischen Athen gab es einen Tempel, der dem „Apollo Lycaeus“, dem „Wölfischen Apollo“, geweiht war. Der Beiname „wölfisch“ für Apollo zeigt sehr schön den hohen Stellenwert, den der Wolf einmal gehabt haben muß. In den Vorhallen dieses Tempels lehrte Sokrates. Der Begriff „Lyceum“ für Höhere Schule leitet sich davon ab. Wölfische Initiationriten gab es damals in Griechenland schon lange nicht mehr, aber das Lernen birgt mit diesem Tempelnamen, der zum Schulnamen wurde, bis heute die Erinnerung an den Wolf als „Lehrer“ in sich.
Der Wolfskult hielt sich lange in Europa. Seit Alters her fanden seine Zeremonien bei Vollmond statt. In italienischen Bergdörfern heißt es noch heute: „Wenn ein Mann an einem Freitag bei Vollmond im Freien schläft, wird ihn entweder ein Werwolf angreifen oder er wird selbst ein Werwolf werden.“ Der Freitag war der Göttin heilig, ebenso der Vollmond, den der Wolf so gerne ansingt. Dies ist wieder ein Hinweis auf den Ursprung des Wolfskultes in matristischer Frühzeit.
Die Schamanen und Druiden praktizierten – im Verborgenen – seine Rituale bis ins Mittelalter hinein. Sie trugen Wolfsmasken und Wolfsfelle; sie tanzten und töteten Opfertiere bei schamanischen Heilungen und anderen Anlässen. Durch diese rituellen Verkleidungen wurden sie Vorbild der heutigen Vorstellung vom Aussehen der Werwölfe.
Die Bezeichnung Geistwolf und Werwolf wurde seit dem 10. Jahrhundert ganz allgemein für die Gegner des Christentums verwandt. Die Inquisition der mittelalterlichen Kirche verfolgte und folterte vermeintliche Werwölfe gleichermaßen wie vermeintliche Hexen. Das ist nicht erstaunlich, denn beide waren – von der Kirche ins Böse verdrehte – letzte Spuren der Religion der Großen Mutter. Der Werwolf wurde erst im frühen Mittelalter zum Symbol des zerstörerischen Außenseiters, des perversen Menschenmonsters. Bis heute lebt er so in Gruselromanen und in Hollywoodproduktionen weiter.
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Der Wolf und der Mond
Die achtzehnte Tarot-Karte (Waite-Rider) zeigt den Mond. Der Pfad zu ihm führt zwischen zwei Türmen hindurch, die beide von einem Wolf bewacht werden.
Wollen wir uns den inneren Bereichen nähern, die der Mond symbolisiert, so müssen wir uns zunächst diese Wölfe in unserer eigenen Seele zum Freund machen.
Der Wolf repräsentiert unser animalisches Selbst. Werden wir von unserem Über-Ich, wie Freud es nennt, beherrscht, gelten für uns die Spielregeln der Gesellschaft als Maß aller Dinge, dann lebt der Wolf in uns als gefährlicher Gefangener, der uns eines Tages verschlingen könnte. Wagen wir es aber unserem animalischen Selbst zu vertrauen, so können wir die Welt des Mondes betreten. Es ist das Reich der Imagination, der Phantasie, des Zwielichtes, des Unfaßbaren.
Quelle: http://home.egge.net/~savory/wolf.htm