Ein ruhiger, verregneter Tag ist vorbei. An sich war er zu ruhig: ich wollte viel mehr schaffen, hab mich aber vom Laptop ablenken lassen. Muss aber auch mal sein, dass man den Kopf mal frei bekommt, um die Dinge wieder klarer zu sehen. Man will ja nicht total verkanteln. 😀
Mittlerweile wohne ich nun ein Jahr und 15 Tage hier in Erfurt. Dabei hatte ich immer gedacht Sömmerda würde mein Königsberg. Kant verließ sein Königsberg ja nie, zog nie um, reiste kaum (oder gar nicht). Er schrieb Briefe, empfing Besuch, diskutierte mit seinen Studenten. Er musste Königsberg nicht verlassen, um die Welt kennen zu lernen. Seine Philosophie erforderte dies auch nicht, hätte vielleicht ansonsten nie so entstehen können.
Dreißig Jahre nahm ich an, dass es mir ebenso ergehen würden. Die Welt nur aus Erzählungen kennen, gefangen in diesem Mikrokosmos, der zufällig den Namen Sömmerda trägt. Die Menschen, die für meine Entwicklung wichtig waren, kamen nach Sömmerda, fanden mich und ich fand sie. Ein Mikrokosmos bietet die Chance die Verhaltensweisen der Umgebung relativ ungestört zu studieren und daraus zu lernen. Man hat kaum die Befürchtung, wichtige Dinge zu verpassen, weil dazu kaum der Raum ist. Man kommt gar nicht drum rum… Dazu ist der Mikrokosmos zu klein…
Es gibt eigentlich nur einen Fehler, den man darin machen, doch dieser Fehler wäre dann auch existenziell: Man darf sich nie mit dem Mikrokosmos identifizieren. Ist man erstmal verinnerlicht ein Teil davon, ist jede Hoffnung, jede Möglichkeit des Studierens, vergeben. Man ist nicht mehr neutral.
Auch wenn es mittlerweile ein Gemeinplatz ist, aber Kant war ein Weltbürger. Er lebte zwar in Königsberg, dachte aber nie als Königsberger. Auch wenn ich seine Biographie nicht gut kenne, bin ich doch davon überzeugt, dass er sich nie bloß als Königsberger sah. Er war im obigen Sinn nie ein Teil der Stadt, auch wenn er sie nie verließ und gesellschaftlich recht aktiv war.