• Fr. Apr 19th, 2024

Existenzspuren

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Hinter dem Spiel – Der Koreakrieg und seine Verbrechen

Es ist mir klar, dass meine bisherigen Beiträge zu Korea oberflächlich sind. Aber ich das ist ein wenig der momentan mangelnden Literatur geschuldet, denn es ist Wochenende, das Thema hat mich gepackt und ich schreibe fast parallel zu meiner Lektüre. Jedoch plane ich, jeden Artikel noch einmal zu überarbeiten und zu konkretisieren. Die derzeitige Fassung möge als erster Überblick gelten. Doch kommen wir zum Thema:

Hinter all den Strategien und Operationen des Krieges stehen Menschen und unbeschreibliches Leid. Gut und Böse sind nicht unterscheidbar. Die Befreier von heute sind meist auch die Unterdrücker von morgen. Man schätzt, dass 940.000 Menschen in diesem Krieg ihr Leben verloren.

Gehen wir ins Detail und beginnen gleich bei einer der schlimmsten Waffen: Napalm. Uns meist bekannt aus dem Vietnamkrieg (ca. 20 Jahre nach dem Koreakrieg), wurden diese Bomben zuerst in Korea getestet. 1942 in Harvard entwickelt1, ist Napalm eine brennbare, gelatineartige Masse, die bereits in kleinen Mengen schwere Verbrennungen der Haut auslöst. Mit Wasser ist es kaum, bis gar nicht zu löschen2.

„In Korea wurden viel mehr Napalmbomben abgeworfen als in Vietnam, und ihre Wirkung war verheerender, weil es in der Demokratischen Volksrepublik Korea (DPRK) mehr Ballungszentren mit einer größeren Bevölkerungsdichte und mehr innerstädtische Industrieanlagen gab als in Nordvietnam.“3,

schreibt Bruce Cumings in „Le monde diplomatique“. Man stelle sich nur vor, wie die Menschen elendig verbrannten, ohne wirklich eine Chance zu haben. Natürlich traf es bei weitem nicht nur nur Soldaten, sondern häufig (vielleicht meist) Zivilisten.

„Bei einem großen Luftangriff auf die Industriestadt Hungnam am 31. Juli 1950 wurden 500 Tonnen Sprengstoff durch eine geschlossene Wolkendecke abgeworfen, also nur durch Radar gelenkt. Sie erzeugten eine Flammenwand, die bis zu hundert Meter in die Höhe schoss. Allein am 12. August 1950 warf die US Air Force über Nordkorea eine Bombenlast von 625 Tonnen ab. Ende August waren es pro Tag bereits 800 Tonnen, ein Großteil davon reines Napalm. Zwischen Juni und Ende Oktober 1950 warf die B-29-Bomberflotte über Korea insgesamt 866 914 Gallonen (3.281.270 Liter) Napalm ab.“4

Diese Menge kann man sich kaum vorstellen. Wie Bruce Cumings weiter in dem genannten Artikel schrieb, fuhren die USA eine Verbrannte-Erde-Strategie. Sie legten ganze Städte in Schutt und Asche, warfen Bomben, deren Sprengkraft erst im Irakkrieg 2003 übertroffen wurde. Man hat das Gefühl, die wirklich „Irren“ sind nicht Kim Il-sung und sein Politibüro, sondern die US-Generäle. Wie kleine Kinder, die neue Spielzeuge und Methoden austesten wollen, um zu siegen, verlangen sie immer größere Waffen, ja mehrfach verlangen sie sogar den Einsatz von Atombomben. MacArthur arbeitete sogar einen Plan aus, dass er mit etwas mehr als dreißig Atombomben5 den Krieg gewinnen kann,

„…mit dem er den Krieg innerhalb von zehn Tagen gewonnen hätte: „Ich hätte mehr als 30 Atombomben über das gesamte Grenzgebiet zur Mandschurei abgeworfen.“ Anschließend hätte er am Yalu, dem Grenzfluss zwischen Nordkorea und China, eine halbe Million nationalchinesischer Soldaten – die sich nach ihrer Niederlage 1949 aus dem kommunistischen China nach Taiwan abgesetzt hatten – eingesetzt und dann zwischen dem Japanischen und dem Gelben Meer einen mit radioaktivem Kobalt verseuchten Landgürtel geschaffen. Da Kobalt zwischen 60 und 120 Jahre aktiv bleibt, wäre dann „mindestens 60 Jahre lang keine Invasion über Land nach Südkorea von Norden aus möglich gewesen“6.

Ist das nicht vollkommen irre? Bewusst riesige Landstriche verstrahlen zu wollen, mit vielleicht hunderttausenden Opfern ist für mich kein Zeichen von gesundem Menschenverstand. Natürlich wurde das auch öffentlich diskutiert. Man kann also davon ausgehen, dass Kims Propaganda dies auch verbreitete. Stalin tat dies mit Sicherheit, denn nicht umsonst ließ auch er Bomber in Richtung Japan verlegen. Der Imperialismus zeigte ein sehr unmenschliches Gesicht…

Doch schauen wir von den atomaren Plänen wieder auf die konventionelle Kriegsrealität:

„Von beiden Seiten wurden in verschiedenen Fällen Kriegsverbrechen begangen. Die Südkoreaner führten, unter amerikanischem Oberkommando stehend, einen rücksichtslosen Kampf gegen alles, was in irgendeiner Form mit dem Kommunismus in Verbindung gebracht werden konnte. So gibt es viele dokumentierte Berichte über Massenhinrichtungen von Mitgliedern oder ehemaligen Mitgliedern der Kommunistischen Partei oder dieser nahestehenden Gruppierungen. Nach amerikanischen amtlichen Dokumenten beläuft sich die Zahl der Ermordeten auf etwa 300.000 Personen.“7

Bereits in den Jahren vor dem Krieg ließen die amerikanischen Besatzer in Südkorea Linke verfolgen, inhaftieren, sogar hinrichten. Nicht verwunderlich, wenn man daran denkt, dass in den Vereinigten Staaten sogar linke Exilanden aus Deutschland vor Gericht gestellt wurden, weil man sie als Kommunisten betrachtete. Als Stichwort sei an dieser Stelle das „Komitee für unamerikanische Umtriebe“8 genannt. Es ist wenig Phantasie nötig, um sich vorstellen zu können, dass diese Paranoia in Südkorea durch die reale „kommunistische“ Bedrohung in massive Gewalt ausartet.

Bevor ich diesen Teil des Abrisses langsam beende, muss noch auf das „Massaker von Nogeun-ri“ (auch „No Gun Ri“ geschrieben) eingegangen werden.

„Am 26. Juli 1950 verschanzte sich ein Bataillon des 7. US-Kavallerieregiments bei Nogeun-ri. Auf der Flucht vor den nachrückenden nordkoreanischen Truppen erreichten auch 500 bis 600 Bewohner der umliegenden Dörfer die Stellung. Dort wurden sie zum Verlassen der Straße aufgefordert und gerieten plötzlich unter das Feuer von US-Kampfflugzeugen.“9

Das amerikanische Militär war informiert worden, das nordkoreanische Guerilleros als Bauern verkleidet auf sie zu kämen. So grub sich das schlecht ausgebildete 7. US-Kavallerieregiment bei No Gun Ri ein und erwartete die angeblich verkleideten nordkoreanischen Soldaten. Zur selben Zeit näherte sich der Trupp von 500-600 Flüchtlingen, die von den Gis (US-amerikanische Infanteristen10) gehindert worden waren, auf der Straße zu marschieren11. Als sie rasteten, wurden sie plötzlich von der Luftwaffe bombardiert… Man stellte es später als unglückliche Tragödie dar, doch

„Diese Auffassung wird jetzt durch das Dokument, das der Archivar und Historiker Sahr Conway-Lanz kürzlich im US-Nationalarchiv entdeckte, endgültig widerlegt. Der Bericht des Botschafters John J. Muccio vom 26. Juli 1950 zeigt, dass die GIs der ausdrücklichen Anweisung der US-Armeeführung in Korea folgten.

Die hatte am Tag zuvor einen kriegsrechtswidrigen Beschluss gefasst. „Nördlich der US-Linien sollen Flugblätter abgeworfen werden, in denen die Bevölkerung davor gewarnt wird, sich weiter nach Süden zu bewegen, und dass sie Gefahr läuft, beschossen zu werden, wenn dies trotzdem geschieht“, berichtete Muccio. „Wenn Flüchtlinge nördlich der US-Front auftauchen, werden Warnschüsse abgegeben, und wenn sie sich weiter nähern, werden sie erschossen.“

Am Morgen des 26. Juli funkte die Führung der 8. US-Armee den Befehl an alle Truppen im Kampfgebiet. Kurz darauf warfen Flugzeuge anstelle von Warnzetteln Bomben auf die Flüchtlinge, die GIs eröffneten befehlsgemäß das Feuer, und Hunderte Zivilisten, hauptsächlich alte Männer, Frauen und Kinder, starben. Und das Massaker von No Gun Ri war kein Einzelfall.“12

Damit schließe ich und hoffe, dass es meinen Lesern etwas deutlicher geworden ist, woher die seelischen Wunden der Nordkoreaner stammen. Ein Volk, was derartiges durchmachen musste, was massakriert wurde, wie man es nicht mal mit Tieren tut, wird für sehr lange Zeit in Angst und Schrecken leben. Der einzige Weg aus so einem Volkstrauma ist die vielleicht die Aufrüstung, die Schaffung eines Rüstungsarsenals, was für alle Zeit die Feinde abschreckt. „Frieden durch Abschreckung“13, oder wie hieß der Slogan des kalten Krieges?

…………………..

4a.a.O.

5a.a.O.

6a.a.O.

12a.a.O.

2 Gedanken zu „Hinter dem Spiel – Der Koreakrieg und seine Verbrechen (3)“

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