• Sa. Apr 20th, 2024

Existenzspuren

Jedes Leben und jeder Gedanke hinterlassen ExistenzSpuren...

Ja, ich möchte Kinder…
Auch wenn ich weiß, dass meine Kinder definitiv meine Behinderung (Osteogenesis imperfecta –> Glasknochen) haben werden. Es würde egal sein, ob die Mutter nicht-behindert wäre oder auch Glasknochen hat…

Ja, ich wollte Kinder mit der Frau, die jetzt nicht mehr meine ist… Und auch sie hat in ihrem Leben oft darüber nachgedacht, ob wir das Recht haben, unserem Kind ein Leben mit dieser Behinderung anzutun…

Eine Antwort auf die Frage habe ich bis heute nicht einmal für mich gefunden. Ich hatte eine wunderschöne Kindheit, in der die Behinderung und die Knochenbrüche meist eine Nebenrolle spielten… Natürlich hatte ich Einschränkungen. Wenn man allein bedenkt, was man heute für technische Hilfsmittel für ein behindertes Kind findet… Das war in meiner Kindheit noch utopisch.
Natürlich hatte ich bei jedem Bruch der Knochen Schmerzen. Oft sogar starke Schmerzen, wenn z.B. ein Bein gebrochen war. Aber mindert das den Wert meines Lebens?
Hatte ich dafür nicht andere Stärken? Konnte ich nicht oft die intellektuellen Dinge wesentlich schneller erledigen, als die Altersgenossen? Konzentrierte ich mich nicht viel stärker und eher auf die wichtigen Dinge im Leben, wie beispielsweise Bildung?
Wog das Glück etwas neues erreicht zu haben oder einen schweren Bruch geschafft zu haben nicht all die schlechten Momente wieder auf?

Natürlich hatte ich es als Behinderter besonders in der Jugend und auch später schwerer, als andere. Der normale Jugendliche sucht den Kontakt zum anderen Geschlecht und wird wahrscheinlich relativ früh seine Erfahrungen machen. Als behinderter Mann/Junge ist das jedoch wesentlich schwerer. Welches nicht-behinderte Mädel oder Junge (besonders wenn es jung ist) will sich schon mit einem Behinderten zeigen?
Aber wird das nicht aufgezogen und übertroffen von den Momenten, Zeiten, wenn all das mal überwunden ist und man, trotz aller Probleme, die Liebe gefunden hat? Genießt man nicht viel intensiver? Bewußter? Tiefer?
Ist es dieses Leben dann nicht doch wert, es zu leben?

Wären wir als behinderte Eltern nicht sogar in diesem Fall die besseren Eltern? Wir würden die zukünftigen Problem wesentlich besser erahnen (ich schreibe bewusst erahnen, da man sie nie wirklich kennen kann) können, als nicht-behinderte Eltern? Anstatt über Diskriminierung und Nicht-Akzeptanz durch die Gesellschaft zu klagen: würden wir da nicht eher alles dafür tun, damit unser Kind sich durchzusetzen lernt? Mit voller Kraft voraus, statt jammernd in der Ecke?

Wäre es wirklich besser, unser Kind zu töten, weil es in seinem Leben sehr viele Schmerzen haben wird? Weil es nach der Meinung (meist) nicht-behinderter Ärzte und Ethikern ein Leben führen wird, was weniger wert ist?

Maßen wir uns denn da nicht ein Urteil an, was wir gar nicht fällen können? Können nicht-behinderte Menschen über ein Leben urteilen, was sie so nie gelebt haben und gar nicht kennen?

Würde dieses Kind nicht sogar tausendmal mehr geliebt, weil wir uns bewusst dafür entschieden hätten? Weil es erwünscht und ersehnt war? Weil wir (wenigstens ungefähr) wüssten, auf was wir uns einlassen?

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